Manfred Becker: Akkordeon, Wollie Kaiser: Reeds Julien Blondel: Cello, Joe Bonica: Perkussion
Nein, Jazz ist das eigentlich nicht, obwohl sehr viel über thematisches Material improvisiert wird.
Rhythmik und Dynamik, Thema-Solo-Thema-Abfolgen sind nicht die Kriterien und Formen, nach denen sich Improvisationen hier organisieren. Es geht eher um ein gemeinsames Atmen im gemeinsamen Raum. Es geht auch um Tonvorräte und Skalen und ihre Verwendung – und es geht um den Klang: ein Akkordeon (Manfred Becker), das sich (ohne Tonabnehmer) aus großer Nähe belauschen lässt, während es mal nach Musette, mal nach Orgel, mal erst auf den zweiten oder dritten Ohrenblick akkordeonhaft klingt; ein Holzbläser (Wollie Kaiser), der auf tiefen Instrumenten (Bassklarinette, Kontrabassklarinette, Bassflöte) weiträumig obertonreich Klanggebilde mit tiefen Resonanzräumen entstehen lässt; ein Cellist (Julien Blondel), der eine ungemein elegante und vielschichtige Tonkultur pflegt, der immer wieder überraschend abhebt, aber auch mal den Walking Bass gibt; und schließlich ein Perkussionist (Joe Bonica) am Drum Set, der offenbar ein ausgezeichneter Zuhörer ist und sich in feinen Schwingungen bewegt.
Manfred Becker ist einer der raren Akkordeonisten im deutschen Jazz. Sein Album Klangräume versammelt neun von ihm selbst geschriebene Stücke und überlässt sie einem Quartett, das keine Sekunde der Musik an den Geist des Floskelhaften verschenkt.
Es wird kein Ton gespielt, dessen Notwendigkeit nicht klanglich begründbar wäre; keine Farbe aufgetragen, die eine andere überdeckt.
Hans Jürgen Linke (Jazz Ethik)